Mittwoch, 15. Januar 2025

Nikolaj Karpizkij. Russland bereitet sich auf einen Krieg mit der NATO vor. Dies sind die Trümpfe des Kreml und des Westens



Der zukünftige Krieg mit der NATO ist ein Projekt geworden, das bereits offiziell von der russischen Regierung akzeptiert ist. Der Verteidigungsminister Andrei Belousow sagte am 16. Dezember, sein Ministerium bereitet sich auf einen möglichen Krieg zwischen Russland und der NATO in Europa seit 2024 vor. Das Niveau der Militärausgaben beträgt fast ein Drittel des Bundeshaushalts. Solche Ausgaben deuten eins: Der Kreml nimmt einen langen Krieg in Kauf. Grundsätzlich sind die Kriege nicht rentabel, doch die Diktatoren denken anders. Für sie gleicht das Geld der Macht. Und diese Macht kann man nicht nur mit Geld, sondern auch mit militärischer Stärke verstärken. Dies entspricht Putins Temperament. Wenige Tage nach Belousows Erklärung sagte er, ohne Krieg ist das Leben langweilig. Der russische Präsident als ein subjektiver Faktor, der die Welt in den Dritten Weltkrieg treibt. Aber gibt es objektive Umstände, die für den Ausbruch des Krieges sprechen?

Kann Russland wirklich nicht einen Krieg mit anderen Ländern führen, weil es in der Ukraine feststeckt?

Die Optimisten sagen, dass es genau deswegen niemanden anders angreifen kann. Deshalb hat Russland auch Syrien für immer verloren. Tatsächlich wird es wahrscheinlich unmöglich sein, Syrien zurückzugewinnen, zumal die Türkei und Israel dort bereits aktiv intervenieren. Dazu, nach dem Fall des Assad-Regimes, ist auch die damit verbundene Logistik verloren gegangen. Wenn die Optimisten recht haben, wird Russland auch bald Afrika verlassen müssen. Sie können sich auch irren, aber. Was wäre, wenn der Einfluss des Kreml sich in Libyen hält und zusätzliche Kräfte für militärische Operationen in Afrika finden könnte?

Hier ist ein historisches Beispiel, August-September-Wende 1941. Die sowjetische Armee erlitt an der Front eine beispiellose Niederlage. Die Schlacht um Moskau steht bevor. Eine Chance, die Hauptstadt zu halten, ist zweifelhaft. Wer hätte gedacht, dass die Sowjetunion in diesem Moment die Stärke haben würde, den Iran anzugreifen und die nördlichen Provinzen dort zu besetzen? Vor nicht so langer Zeit hofften auch viele, wenn Russland in Syrien feststeckt, es anderswo nicht kämpfen könne. Doch der Krieg in Syrien ermöglichte es, eine Kriegsmaschinerie für den Angriff auf die Ukraine aufzubauen. Die Tatsache, dass Russland jetzt nicht genügend Ressourcen für einen neuen Krieg hat, sollte nicht beruhigend sein. Wenn die Maschinerie bereits existiert, wird sich früher oder später Treibstoff dafür finden können. Die russische Armee ist derzeit durch den Krieg in der Ukraine eingeschränkt. Jedoch wird es mit ihrer Möglichkeit, die Reserven zu mobilisieren, immer noch möglich, in der Zukunft den Krieg auf die anderen Länder zu verbreiten.

Im Jahr 2022 hat Russland alle seine kampfbereiten Militäreinheiten in die Ukraine geschickt. Aufgrund dessen war der Kreml tatsächlich nicht in der Lage, einen weiteren Krieg zu führen, nirgendwo anders. Außerdem hat Russland in der Ukraine einen erheblichen Teil seiner modernen Ausrüstung verloren und musste auf alte Taktiken aus dem Ersten Weltkrieg mit Artillerie- und Infanterieangriffen zurückgreifen. Dieser Fakt bringt die Optimisten in den Glauben, die russische Armee sei erschöpft. Sie wird mehrere Jahre benötigen, um sich auf einen Krieg mit den NATO-Ländern vorzubereiten. Ich bin anderer Meinung.

Bereits während des Krieges in der Ukraine hat die russische Armee mehrmals die Anzahl der kampfbereiten Einheiten erhöht und das Problem mit den Geschossen gelöst. Der Wiederaufbau der Flotte moderner Panzer und anderer Ausrüstungen hat keine besondere Bedeutung, da diese Ausrüstungen in den ersten Monaten des Krieges mit der NATO ohnehin zerstört würden. Die Kämpfe im Donbass zeigen, dass die russische Armee in der Lage ist, Infanterieangriffe auch ohne Unterstützung durch moderne Ausrüstung durchzuführen.

Man muss nicht nur die militärische Stärke berücksichtigen, sondern auch die Funktionalität der Militärmaschinerie. Das, wofür sie bestimmt ist. Ein Bulldozer ist mächtiger als ein Auto, verliert aber in einem Wettrennen gegen diesen. Genauso ist es mit dem Militär. Die mächtigste Armee, die für die Offensive geschaffen wurde, kann in der Verteidigung kläglich versagen. Wie es das Scheitern der sowjetischen Armee in den ersten Monaten des Krieges gegen das nationalsozialistische Deutschland zeigte. Die NATO hat qualitativ bessere Armeen als Russland. Diese sind aber für kurze, lokale Kriege und im Moment nicht für einen kontinentalen Zermürbungskrieg geeignet. Ursprünglich wurde die russische Armee von 2022 ebenfalls ähnlich konzipiert. Doch das Konzept ging nicht auf. Der Blitzkrieg hat nicht geklappt. Nach dem Scheitern waren die Russen gezwungen, sich zurückzuziehen und neu zu organisieren. Hätten die westlichen Länder der Ukraine in diesem Moment genügend militärische Hilfe geleistet, hätte der Krieg schon damals enden können. In der Verschnaufpause haben die russischen Behörden eine neue Kriegsmaschinerie aufgebaut, die für einen großangelegten kontinentalen Zermürbungskrieg geeignet ist.

Der Staatsapparat im Krieg

Die westlichen Länder leben noch immer im Friedensmodus, und ihre Armeen sind nur ein Teil der staatlichen Struktur. In Russland ist es genau das Gegenteil. Der Staat selbst ist zu einem Teil der Struktur der Armee und der Geheimdienste mutiert worden. Das bedeutet, dass die Armee in Friedenszeiten nur eines der Instrumente des Staates ist. In Kriegszeiten wird der Staat zu einem Teil der Militärmaschinerie. Alle staatlichen und öffentlichen Institutionen – die Massenmedien, Gerichte, Regierungs- und Kommunalbehörden, das Sozialsystem und die Industrie – werden auf die Unterstützung der kämpfenden Armee umgestellt und können in Friedenszeiten nicht mehr normal funktionieren.

Der Mechanismus des Funktionierens der russischen Militärmaschinerie wird durch die Art der Geldverteilung bestimmt. Bis 2022 war der Staat ein Anhängsel oder Ballast der Monopole, die mit natürlichen Ressourcen handelten und ihre Einnahmen in westlichen Ländern aufbewahrten. Was nicht mehr möglich ist aufgrund der Sanktionen. Was dazu führte, dass die staatlichen Einnahmen zuerst für die militärische Produktion und die Bezahlung von Vertragssoldaten verwendet und dann in Regionen mit verarmter Bevölkerung investiert wurden, die zuvor unter mangelnder Finanzierung litten. Dies schafft eine soziale Basis für die Unterstützung des Krieges. Die Armut treibt die Menschen in solch großer Zahl dazu, sich als Vertragssoldaten zu melden, dass keine Zwangsmobilisierung erforderlich ist. Da der Tod von Vertragssoldaten kein Mitgefühl weckt, ignorieren die meisten Menschen in Russland den Krieg einfach. 

Wenn jedoch der Krieg enden würde, müsste die Wirtschaft in den Friedensmodus übergehen. Die Finanzströme in den armen Regionen würden aufhören. Ein demokratisches Land könnte Geld in den Wiederaufbau der Industrie und den sozialen Schutz der Bevölkerung investieren. Nicht aber eine Diktatur, die ihr Land immer ausgeraubt hat. Die Menschen haben sich jedoch bereits an das neue Einkommensniveau gewöhnt, dessen Verlust massiven, spontanen Zorn mit unvorhersehbaren sozialen Konsequenzen verursachen würde. Dazu muss man mit Hunderttausenden Menschen rechnen, die von der Front zurückkehren. Diese wurden während des Krieges moralisch deformiert und haben die Fähigkeit zum normalen sozialen Leben verloren. Sie werden Privilegien fordern und ihren Hass auf andere auslassen.  Diese Umstände, wenn der Krieg in der Ukraine auf irgendwelche Weise beenden sein sollte, werden das Russland von der Wahl stellen: entweder in einen Zustand der Instabilität zu geraten oder einen neuen Krieg zu beginnen.

Derzeit ist die Wahrscheinlichkeit eines Ausbruchs des Dritten Weltkriegs aufgrund mehrerer Umstände noch äußerst gering. Erstens möchte die russische Führung, während die russische Armee im Donbass vorrückt und die gesamte Ostfront bedroht, nicht durch andere Frontabschnitte abgelenkt werden. Wenn sie nicht einmal Truppen vom Donbass in die angegriffene Region Kursk verlegt hat, wird sie wahrscheinlich auch nicht für militärische Operationen gegen die NATO-Länder umleiten.

Zweitens wird Putin keine radikalen Maßnahmen in einer unsicheren Situation ergreifen, während Donald Trump absichtlich eine Atmosphäre der Unsicherheit schafft. 

Drittens, welche Strategie wird China wählen, weiß man auch nicht genau. Einerseits bauen sie ihre militärische Macht auf und drohen Taiwan, andererseits streben sie nach einem technologischen Durchbruch, der es ihnen ermöglicht, die Wirtschaftskrise auf friedlichem Wege zu überwinden.

Viertens ist es unmöglich, an einem Weltkrieg ohne Verbündete teilzunehmen. Derzeit gibt es auf der Welt nur noch zwei Länder mit imperialen Ambitionen, die versuchen, ihren Einfluss auf andere Länder mit militärischer Gewalt auszudehnen – Russland und den Iran (was macht sie zum natürlichen Verbündeten). Nach der Niederlage der Hisbollah im Libanon durch Israel und dem Sturz des Assad-Regimes sind die imperialen Pläne des Iran jedoch gescheitert, was bedeutet, dass Russland im Falle eines Dritten Weltkriegs ohne Verbündete dastehen würde.

Gibt es einen Grund, warum die NATO-Staaten eine russische Invasion fürchten sollten?

Ich glaube nicht, dass Russland in der nahen Zukunft eine Bedrohung für die NATO-Länder darstellen könnte. Die Zukunft ist jedoch unvorhersehbar und die Situation könnte sich ändern, wenn die NATO-Staaten sich nicht auf einen Krieg mit Russland vorbereiten. Vor diesem Hintergrund sollten wir uns überlegen, ob Russland erfolgreich einen Krieg gegen sie führen könnte, wenn es im Falle eines Waffenstillstands mit der Ukraine Hunderttausende von Soldaten freisetzen würde. Zu diesem Zweck schlage ich vor, die hypothetische Situation eines Krieges zwischen Russland und der NATO zu untersuchen, anhand des Verlaufs des russisch-ukrainischen Krieges. Nützlich dabei werden die Erfahrungen des besten militärischen Analysten der Ukraine – Walerij Saluschnyj. Dank seines militärischen Talents gelang es, 2022 die Russen aus Cherson und der Region Charkiw zu vertreiben.

Am 1. November 2023 schrieb Walerij Saluschnyj einen programmatischen Essay im Magazin The Economist. Darüber, dass Russland die Ukraine in einen Stellungskrieg verwickelt hat. Womit die Russen Oberhand gewonnen haben. Um den Lauf der Dinge zu ändern, muss die Ukraine zu einem Bewegungskrieg übergehen, wozu sie jedoch in fünf vorrangigen Bereichen die Überlegenheit erlangen muss. Ich denke, dies gilt auch für andere Länder, die Russland angreifen könnte.

Der erste Schwerpunkt ist die Luftwaffe. Das heißt, die Kontrolle über den Luftraum für großangelegte Bodenoperationen. Hier ist Russland der Ukraine weit überlegen, aber die NATO-Länder hätten im Falle eines Krieges mit Russland einen enormen Vorteil. Einige Aufgaben der bemannten Luftfahrt werden derzeit von Drohnen übernommen, die sowohl von der Ukraine als auch von Russland aktiv entwickelt werden, aber Russland hat in diesem Bereich größere Produktionskapazitäten.

Der zweite Schwerpunkt ist die elektronische Kampfführung (EloKa). Diese dient der Störung der Kommunikations- und Navigationssignale des Feindes. In diesem Feld hat Russland in der letzten Zeit große Fortschritte gemacht. Seit 10 Jahren wurde dieses Sachgebiet modernisiert. Dabei entsandte sogar eine neue Militärabteilung, zusätzlich wurden 60 neue Arten von Ausrüstungen entwickelt. Währenddessen hat die Ukraine gerade erst damit begonnen, solche Kräfte aufzubauen. Bei diesem zweiten Parameter hat Russland also erneut die Oberhand, könnte diese jedoch verlieren, da die Informationstechnologien der NATO-Länder deutlich fortschrittlicher sind. Daher könnten die NATO-Länder in Zukunft auch in diesem prioritären Bereich im Vorteil sein, insbesondere angesichts der Entwicklung der künstlichen Intelligenz.

Der dritte Schwerpunkt ist das Gegenbatteriefeuer, also die Bekämpfung der feindlichen Artillerie. Hier hat Russland nicht nur gegenüber der Ukraine, sondern auch gegenüber den NATO-Ländern einen Vorteil, die zwar Geschosse von besserer Qualität, diese jedoch nicht in ausreichenden Mengen produzieren. Kamikaze-Drohnen, die sowohl von der Ukraine als auch von Russland aktiv eingesetzt werden, haben teilweise die Aufgaben der Artillerie übernommen.

Der vierte Schwerpunkt (den Walerij Saluschnyj hervorhebt) ist die Technologie zur Räumung von Minenfeldern des Feindes, um effektive Angriffe durchzuführen. Jedoch kommt hier noch eine Sache dazu. Nachdem die ukrainische Armee in die Defensive gegangen ist, stellte sich heraus, dass sie äußerst begrenzte Möglichkeiten hat, selbst Minenfelder zu legen, um die feindliche Infanterie aufzuhalten. In diesem vorrangigen Bereich versagen nicht nur die Ukraine, sondern auch andere europäische Länder. Diese haben die Konvention über das Verbot von Antipersonenminen unterzeichnet und dementsprechend ihre Bestände zerstört. Wie sollen sie dann die Angriffe der russischen Infanterie aufhalten? Glücklicherweise sind die USA dieser Konvention nicht beigetreten. Wird aber die Entscheidung, Minen nach Europa zu liefern, rechtzeitig getroffen, trotz rechtlicher und bürokratischer Schwierigkeiten?

Der fünfte Schwerpunkt ist der Aufbau eigener Reserven. Russland hat einen Mechanismus zur Auffüllung der Armee ohne Zwangsmobilisierung geschaffen und baut langsam die Anzahl der kampfbereiten Einheiten auf. Von denen gibt es bereits genug, um die ukrainische Verteidigung an verschiedenen Frontabschnitten zu durchbrechen, jedoch immer noch zu wenig, um den dauerhaften Erfolg aufzubauen, daher ist die russische Offensive langsam. Nach Schätzungen der Militärführung, die von Walerij Saluschnyj Ende 2023 bestätigt wurden, müssen 450.000 bis 500.000 Reservisten mobilisiert werden, um den Bedarf der ukrainischen Armee für das Jahr 2024 zu decken. Die Mobilisierung wurde jedoch spät und mit großen Problemen durchgeführt, sodass die Zahl derjenigen, die die ukrainische Armee verstärkten, weit unter den Erwartungen lag. Einer vor Gründen, warum sich das Kräfteverhältnis auf dem Schlachtfeld im Jahr 2024 langsam zugunsten Russlands verschoben hat. Die Situation verschlechtert sich noch mehr durch das Gesetz Nr. 8109 vom 18. Oktober 2022, das die Wehrpflicht während des Kriegsrechts abschafft. Das bedeutet, dass Russland in diesem prioritären Bereich eine absolute Überlegenheit gegenüber der Ukraine hat und ich denke, dass sie dieselbe Überlegenheit gegenüber den NATO-Ländern im Falle einer militärischen Auseinandersetzung haben wird.

Das bedeutet, dass die Ukraine im Jahr 2024 in keinem der von Walerij Saluschnyj genannten prioritären Bereiche die Oberhand hatte, was den Erfolg der russischen Armee erklärt. Er berücksichtigte jedoch einen anderen Bereich nicht – die Qualität der Truppenführung. Nach der Absetzung von Saluschnyj als Hauptkommandant der ukrainischen Armee kam es zu einer Führungskrise im Militär, die bis heute nicht überwunden wurde und zu tragischen Situationen an der Front führt.

Im Falle eines Krieges zwischen Russland und den NATO-Ländern wird Russland in mindestens drei prioritären Bereichen die Oberhand haben. In der Ersten jedoch nicht. Da werden die NATO-Länder eine absolute Überlegenheit haben, und das gilt nicht nur für die Luftfahrt, sondern auch für präzise Raketensysteme. Das kann ausreichend sein, um Russland einen ersten, vernichtenden, entwaffnenden Schlag zu versetzen, der zum Sieg führen könnte. Aber was, wenn die NATO-Länder nach diesem ersten Schlag einen Waffenstillstand eingehen und Verhandlungen mit Russland aufnehmen, um zum Vorkriegszustand zurückzukehren? In diesem Fall wird sich Russland von dem Schlag erholen und die NATO in einen Stellungskrieg verwickeln. Dabei werden diese drei prioritären Bereiche auf seiner Seite sein, mit der absoluten Überlegenheit. Minen und Artillerie, aber was am wichtigsten ist, die unerschöpflichen Reserven für die Armee. Wenn der Krieg andauert, wird die fortschrittliche Technologie erschöpft sein und die Masse der Soldaten auf dem Schlachtfeld wird über alles entscheiden, so wie es derzeit an den Fronten der Ukraine geschieht.

Russland hätte (sowohl 2022 als auch 2023) in der Ukraine gestoppt werden können, aber es gab nicht genug politischen Willen der westlichen Länder, dies zu tun. Wenn sich der Krieg auf die NATO-Länder ausweiten sollte, könnte eine Möglichkeit entstehen, Russland zu besiegen. Es wird aber vor den westlichen Ländern genau diesen Willen verlangen, den sie bisher nicht gezeigt haben. Was Putin tun will, weiß niemand, er selbst auch nicht. Er ist jetzt nicht bereit für einen Krieg mit der NATO. Was nicht heißt, er vorbereitet sich nicht darauf. Der russische Diktator beobachtet genau das Verhalten der westlichen Führer. Wenn sie Entschlossenheit zum Sieg zeigen würden, anstatt auf einen vorübergehenden Waffenstillstand zu setzen, wird er die NATO-Länder nicht angreifen. Genauso wie er die Ukraine nicht angegriffen hätte, wenn er eine starke Bewegung des Westens zu ihrer Verteidigung zu sehen bekäme.

Übersetzung von Michal Talma-Sutt.


Nikolaj Karpizkij. Für das Sterben in der Ukraine werden die Freiwilligen in Russland nicht

Quelle: PostPravda.info. 05.12.2024


Im Jahr 2022 wurde erwartet, dass die russische Armee sich zurückziehen müsse, wenn ihr schwerer Schaden zugefügt würde. Dies ist nicht passiert. In diesem Jahr war die Erwartung, wegen hoher Verluste an Arbeitskräften werden den Russen bald die Soldaten ausgehen. Diese hat sich auch nicht erfühlt. Jetzt gibt es Vorhersagen: Russland bräuchte einige Jahre für den Wiederaufbau seiner Armee für einen neuen Krieg, nachdem die Kämpfe in der Ukraine aufgehört haben werden (falls es passieren soll). Russland wird dann bereit sein, die baltischen Länder und Polen anzugreifen, insofern es seine Kräfte aus der Ukraine freisetzt. Derzeit hat die NATO nichts, was dem entgegenwirken könnte.

Das wirft Fragen auf.

-  Warum verschwendet das russische Kommando gnadenlos Soldaten und ist gleichgültig gegenüber den Verlusten der eigenen Armee?

-  Wieso nimmt der Zustrom von Vertragssoldaten in die russische Armee nicht ab, obwohl sie gnadenlos in Selbstmordangriffen eingesetzt werden?

-  Weshalb rebellieren oder kapitulieren russische Soldaten nicht, sondern gehen gehorsam in den Tod, wenn sie auf sinnlose und selbstmörderische Aktionen geschickt werden?

- Warum steht die russische Gesellschaft den enormen militärischen Verlusten gleichgültig gegenüber und unterstützt den Krieg weiterhin?

Der Krieg als Selbstzweck

Wir haben es mit einem einzigartigen historischen Phänomen zu tun. Die Gesellschaft unterstützt einen Krieg gegen ein Nachbarland auf Kosten der rücksichtslosen Auslöschung eigener Soldaten. Sogar Kranke und Behinderte werden in Selbstmordangriffe geschickt. Dies ist nur möglich, weil es eine gesellschaftliche Akzeptanz für sinnlosen Tod gibt. So etwas gibt es sonst nirgendwo. Es kommt vor, eine Gesellschaft ist bereit, große Opfer im Namen des Sieges zu bringen, vorausgesetzt aber, der Tod wäre nicht sinnlos. Natürlich soll man nicht verallgemeinern und alle Russen über einen Kamm scheren. Es gibt in Russland viele Menschen, die gegen den Krieg sind und die Ukraine unterstützen. Sie sind jedoch verstreut und bilden kein soziales Subjekt. Die Zustimmung der Öffentlichkeit zu sinnlosen Todesfällen ist meines Erachtens ein solches Kräfteverhältnis in der Gesellschaft, welches eine breite Unterstützung für den Krieg als Selbstzweck ermöglicht hat – Krieg des Krieges willen. Ich unterscheide zwei Voraussetzungen für eine solche Akzeptanz.

„Der Staat des Todes“ – das soziale „Antisystem“ in Russland

Die erste Voraussetzung ist sozial-historischer Natur.  Eine sehr treffende Erklärung davon können wir auf einem YouTube-Kanal „Total War und Geschichte“ finden. Dmitrij „Sawromat“ (Tschernyschewskij), ein russischer Historiker, der in Uruguay lebt und Autor des Kanals, stellte in den Gesprächen dort sein Verständnis für Russlands Militärmacht als „Imperium des Volksleidens“ dar. Wenn ein Land sich als Imperium bezeichnet, sollte man überlegen sein (auf irgendwelche Weise) gegenüber anderen Ländern. Einzige Überlegenheit des Moskauer Zarenreiches war immer die rücksichtslose Ausbeutung der menschlichen Ressourcen, um die Ziele der eigenen Macht zu erreichen. Nirgendwo anders war es so geschehen, selbst in den brutalsten Imperien nicht. Durch die gesamte Geschichte Russlands wurden seine Einwohner als entbehrliche Ressource betrachtet. Die russischen Siege waren immer zahlenmäßig erreicht, ohne Rücksicht auf Verluste. Armut und Bürgerrechten Entmachtung waren die notwendigen Bedingungen für das Funktionieren eines solchen Staatssystems, was wiederum zaristische Russland zu einer dauerhaften wissenschaftlichen und technologischen Rückständigkeit führte. In heutigem Russland sind wir Zeugen einer Wiedergeburt dieses brutalen Staatssystems. Es mutiert sogar zu etwas noch Schlimmerem – einem „Der Staat des Todes“ oder „Antisystem“. Diesen Begriff (von Lew Gumiljow übernommen) hat Dimitrij „Sawromat“ benutzt.

Laut ihm frisst sich das „Antisystem“ in Russland selbst und führt zum Tod. Dies zeigt sich unter anderem in der „Ökonomie des Todes“, wo die Einnahmen aus Öl und Gas in den Wohlstand umgewandelt werden, für die Familienangehörigen der Verstorbenen und derjenigen, die von diesem Tod profitieren, inklusiv der Vertreter des Repressionsapparats (die sogenannten „Silowiki“). Aus der Angst, selbst in den Krieg geschickt zu werden, sind sie bereit, einen verrücktesten Befehl ohne Fragen auszuführen. Es sind auch deshalb keine Proteste möglich, weil ihre Zahl mindestens zehnmal größer ist als all derer, die gegen die Ukraine kämpfen. Dazu gehört auch der Plebs – die arme Bevölkerung depressiver Gebiete, wo durch den Krieg zum ersten Mal Geld zu fließen begann. Für sie bedeutet das Ende des Krieges den Schluss mit dem Geldfluss. Dazu noch die Rückkehr der Kriminellen von der Front, die nur eine kennen, das Töten. Dieses Umfeld sorgt auch für einen stetigen Zustrom von Freiwilligen, die nicht nur Geldes wegen, sondern einen Vertrag mit der Armee unterschreiben, weil sie darin die einzige Chance sehen, sich aus dem sozialen Abgrund zu erheben.

In der gesamten Geschichte der russischen Armee wurden Soldaten als ersetzbares Verbrauchsmaterial betrachtet. Im „Antisystem“, das sich derzeit in Russland entwickelt hat, ist jedoch ein neuer Faktor aufgetreten – das Senden von Soldaten in den Tod ist profitabel geworden. Schließlich kommt ein Vertragssoldat mit viel Geld ins Militär. Man kann ihn zum Beispiel gegen Bestechungsgeld an der Hinterfront agieren lassen oder im Gegenteil in selbstmörderische Kämpfe schicken, um nach seinem Tod das Geld selbst zu kassieren, da der Verlust verzögert gemeldet wird. Je häufiger das Personal erneuert, desto mehr solche Gelegenheiten wird es geben. Auf diese Weise entsteht ein System, in dem die Armee in erster Linie ihre eigenen Soldaten und erst danach die Soldaten des Feindes eliminiert. Andererseits hat mit den Freiwilligen in der russischen Gesellschaft niemand Mitleid, daher ist sie unempfindlich gegenüber militärischen Verlusten. Für den Staat ist es sogar von Vorteil. Der Tod von Soldaten an der Front bedeutet eine Verringerung der sozialen Belastungen. Für einen toten Mann muss man kein Geld für seine Sozialversicherung oder die medizinische Behandlung ausgeben.

Die Grundlage des sozialen „Antisystems“ ist ein Weltbild, in dem das Gute und das Böse die Plätze tauschen

Die zweite Voraussetzung für die Unterstützung des Selbstzweck-Krieges ist eine besondere Einstellung der Russen zum Leben, die ihr Verhalten beeinflusst, genauer gesagt, eher zum Tod. Diese ist existenzieller Natur und formt sich auf der Grundlage eines Weltbildes, in dem jedes Phänomen oder Ereignis durch die Anwesenheit eines Feindes erklärt, als das ursprüngliche Böse deklariert. Gegenüber dem Feind werden alle moralischen Beschränkungen aufgehoben. Jede gute Tat hier wird als schlecht betrachtet und jede schlechte als gut angesehen. Der Träger eines solchen Weltbildes verwandelt alle Vorstellungen von Werten ins Gegenteil, betrachtet Amoralität als Tugend und Gräueltaten als etwas Gutes. 

Aus der Geschichte wissen wir, dass ein solches Weltbild entstehen kann, wenn eine Gemeinschaft in eine fremde kulturelle Umgebung gerät oder nicht genug Zeit hat, sich an die schnellen Veränderungen anzupassen. Voraussetzung für sein Auftreten ist, dass man die Welt, die uns umgibt, als etwas Fremdes wahrnimmt. Daraus resultierendes Weltbild hatte sich schon früher in den zwei Varianten (jeweils unterschiedliche emotionale Stimmungen verkörpernd) manifestiert: der Manichäismus und der Gnostizismus. Der Manichäismus ging von der Vorstellung aus, dass unsere helle Welt sich mit der Welt des ursprünglichen Bösen vermischt hat und wir daher zum Kampf verurteilt sind. Der Gnostizismus basierte auf der Vorstellung, dass unsere Welt durch einen Fehler oder den Willen eines bösen Gottes (der Demiurg) geschaffen wurde. Sodass alles bedeutungslos ist, es keinen Unterschied zwischen guten und bösen Taten gibt und daher keinen Sinn hat, gegen das Böse zu kämpfen. Auf der Grundlage dieser beiden Weltanschauungen entstanden verschiedene Lehren und religiöse Überzeugungen, die jedoch am häufigsten destruktive Stimmungen innerhalb bereits bestehender Religionen – des Christentums und des Islam – erzeugten.

In dem historischen Russland führte die rücksichtslose Haltung der Machtinhaber gegenüber der eigenen Bevölkerung zur Entstehung einer manichäischen Stimmung in der Orthodoxie. Die auch die Kirchenspaltung im 17. Jahrhundert verursacht hat, aufgrund ritueller Unterschiede. Aus der Sicht der griechischen Orthodoxie waren sie nicht einmal erwähnenswert. Doch in Russland führte der Jähzorn des Schismas zu kollektiven Selbstverbrennungen. Natürlich geht es nicht um rituelle Unterschiede, sondern um die Wahrnehmung der umgebenden Welt als fremd und feindselig.

In Bezug auf Werte steht der Manichäismus im Gegensatz zum Christentum und damit zur Orthodoxie.  Als die Bolschewiki den Kampf gegen die Religion begannen, integrierten sie in ihre Doktrin des Klassenkampfes die manichäische Lebenshaltung, die wie in einem undichten Damm in gewisser Weise von der Orthodoxie zurückgehalten wurde.  Die Bolschewiki sahen ihre Mission darin, die Welt von Ausbeutung, also vom Bösen, zu befreien und eine gerechte Gesellschaft, ein Reich des Guten, zu errichten. Moralische Pflichten galten nur für diejenigen, die der Klasse nahestanden, und gegenüber Feinden war alles erlaubt, was die Rechtfertigung für Massenrepressionen wurde. Allerdings hat die kommunistische Ideologie zwei Seiten – erstens den rücksichtslosen Klassenkampf gegen Feinde und zweitens die Utopie einer gerechten Gesellschaft, einer strahlenden Zukunft, der Eroberung des Weltraums, des Fortschritts usw. Mit der Ära des Ölwohlstands wurde der Klassenkampf weniger wichtig. Die Gesellschaft hat sich in einen utopischen Traum eingelullt. Über ein freiestes und humanistischstes Land in der Welt. Bis sie durch den Ölpreisverfall geweckt wurde.

Die Ideologie des Klassenkampfes hat eine soziale Nekrophilie geboren, die sich sogar in sowjetischer Symbolik verkörperte. Der Klassenkampf wurde jedoch im Namen höherer, wenn auch falscher Ziele geführt – der Herstellung von Gerechtigkeit und Glück, was dem manichäischen Weltbild entspricht. Jetzt herrscht jedoch in Russland eine andere Stimmung. Es gibt keinen Glauben mehr, weder an die Zukunft noch an Gerechtigkeit. Obwohl die westlichen Länder als feindlich angesehen werden, ist auch das eigene Land fremd geworden. Es gibt keine klare Idee mehr, für die es sich zu kämpfen lohnt.

Natürlich sind alle Menschen unterschiedlich, und auch in Russland denken und fühlen die Menschen verschieden, daher ist eine Verallgemeinerung aller Russen unzulässig. Wir sprechen jedoch nicht über alle Bürger in Russland, sondern über die vorherrschende Stimmung. Diese bestimmt die Ereignisse des sozialen Lebens und entspricht einem gnostischen, nicht einem manichäischen Weltbild. Da alles bedeutungslos ist, spielt es keine Rolle, ob wir Gutes oder Böses tun. Das Einzige, was bleibt, ist, diese Sinnlosigkeit des Lebens anzuerkennen und zu tun, was man nur will, und danach auch sinnlos zu sterben. Anders als in der Sowjetunion, wo die soziale Nekrophilie auf dem manichäischen Weltbild beruhte, ist heute in Russland durch das Gnostische ersetzt.

Der gnostische Fatalismus der russischen Soldaten an der Front

Aber wenn alles bedeutungslos ist, warum treten dann Menschen in die Armee ein, um gegen die Ukraine zu kämpfen? Stellen wir uns einen gewöhnlichen Menschen aus einem deprimierenden Viertel oder Dorf vor. Er hat keine Arbeit oder eine schlecht bezahlte, zu Hause gibt es ständig Streit, und für die Menschen um ihn herum ist er ein Niemand. Ein leeres Nichts. Ein Gefühl der eigenen Bedeutungslosigkeit, als ob man nicht existiert. Am schwierigsten ist es, wenn man all seine Kräfte aufbringen muss, um zu überleben, wenn alles sinnlos erscheint. Man muss Geld verdienen, aber trotzdem sind alle zu Hause unzufrieden, mit dir, mit sich selbst. Natürlich ist es einfach, sich mit Alkohol oder Drogen zu betäuben. Ein solcher Zustand unterdrückt den Selbsterhaltungsinstinkt, der Tod wird nicht mehr übel wahrgenommen, da es keinen Unterschied zwischen Gut und Böse mehr gibt. Je einfacher die Welt ist, desto weniger muss man sich anstrengen. Einfach leben. Dazu machen Krieg und Tod die Welt einfacher. Dies ist diese nekrophile Stimmung, die auf einem gnostischen Weltbild basiert.

Und solchen einem Menschen wird vorgeschlagen, in den Krieg in der Ukraine zu ziehen. Er akzeptiert standardmäßig die russische Propaganda als Wahrheit (andere kennt er nicht), obwohl ihm in Wirklichkeit egal ist, wer den Kriegsbeginn verschuldet hat. Ihm geht es um etwas anderes – das Gefühl der eigenen Wichtigkeit und Straflosigkeit. Ihm wurde versprochen, dass er, wenn er überlebt, von allen als Veteran respektiert wird. Einfacher ausgedrückt: Man kann alles tun, was man will. Alle würden es ehren. Eine Verwandlung eines Lösers, den alle für nichts hielten, in ihrem vorigen Leben in einen Helden. Aber um das zu erreichen, muss man bereit sein, zu töten und zu sterben. Ein normaler Mensch würde sich wahrscheinlich nicht darauf einlassen. Aber in einer gnostischen Stimmung mit unterdrücktem Instinkt des Selbsterhalts, wo es keinen Unterschied zwischen Gut und Böse gibt, ist es leicht, den Vorschlag zu akzeptieren. In Russland gibt es Millionen solcher Menschen. Daher wird der Zustrom von Freiwilligen in die russische Armee nicht enden.

Auch in der Sowjetunion gab es soziale Nekrophilie, allerdings anderer Art. Damals gingen die Menschen, um für eine Idee zu töten und zu sterben, im heutigen Russland für die Möglichkeit zu tun, was man immer auch will. Schließlich, wenn alles bedeutungslos ist, gibt es keine moralischen Zwänge, nicht nur gegenüber Fremden, sondern auch den eigenen Leuten. Diese gnostische Art der sozialen Nekrophilie ist verknüpft mit einem gnostischen Fatalismus. Ein ukrainischer Offizier, den ich kenne, nannte es „russischen Fatalismus“. Er war zutiefst erschüttert von einem Militärfilm, der zwei russische Soldaten zeigte, die sich hinsetzten, um eine Zigarette zu rauchen. In diesem Moment wurde einem von ihnen der Kopf von einem Splitter abgerissen. Der andere zuckte nicht einmal und rauchte ruhig seine Zigarette weiter.

Es gibt verschiedene Arten von Fatalismus. Einen Stoischen zum Beispiel. Da akzeptiert eine Person ihr Schicksal, aber handelt weiterhin ehrlich gemäß seiner vernünftigen Natur, bewusst einer Zugehörigkeit zum Weltgeist oder einem Gott. Es gibt jedoch eine ganz besondere, genau diese gnostische Art des Fatalismus, bei der der Mensch keinen Sinn im Leben sieht und sich mit dem Tod abfindet. Nicht nur mit seinem eigenen, sondern auch leider mit dem Tod anderer Menschen, die er auf fremdem Boden ums Leben bringen soll. Anstelle von Gott oder Weltgeist hat man ein schwarzes Loch, das ihm das Lebensgefühl aussaugt. Genau das führt dazu, dass russische Soldaten in sinnlosen Angriffen in den Tod gehen, anstatt sich gegen ihre Kommandeure zu erheben, die von ihrem Tod profitieren.

Kann man die russische Armee aufhalten?

Die Geschichte wiederholt sich. Wenn Russland gewann, dann in Zahlen, und wenn es verlor, dann aufgrund technologischer Rückständigkeit. Weder die Ukraine noch Europa haben einen Mechanismus, um die Bewohner armer und depressiver Gebiete auf diese Weise zu mobilisieren, sodass das zahlenmäßige Verhältnis der Armeen weiterhin zugunsten Russlands verschoben wird. Natürlich ist die NATO-Armee technologisch wie auch taktisch viel fortschrittlicher und könnte im Falle eines Krieges mit Russland enorme Verluste auf der russischen Seite verursachen. Was aber passiert, wenn diese besseren Waffen der NATO aufgebraucht sind und die russische Armee weiterhin durch Freiwillige ergänzt wird? Keine Frage, es müssen militärische Strategien für den Fall eines solchen Krieges jetzt neu geschrieben werden. Dabei soll man auch die spezifische Kriegsführung der Russen nicht vergessen und berücksichtigen. Ich lege große Hoffnung in die Entwicklung von Drohnen, Robotern und künstlicher Intelligenz. Vielleicht können die Soldaten an der Front ersetzt werden? Wie langsam der Fall ist mit den Arbeitern in Fabriken. In diesem Fall würde Russland seinen einzigen Vorteil gegenüber zivilisierten Ländern verlieren.

Eine professionelle Söldnerarmee könnte eine mächtige Kraft sein, aber im Antisystem, das sich in Russland entwickelt hat, kann sie nur zerfallen. Das Geld, mit dem Vertragssoldaten in die Armee eintreten, fördert Korruption und Drogenhandel in der russischen Armee, die nur deshalb derzeit noch erfolgreich ist, weil der Zustrom frischer Kräfte bisher die Degradationsprozesse ausgleicht. Daher muss der Ukraine geholfen werden, diese gefährlichste Zeit zu überstehen und Europa vor einer russischen Invasion zu schützen.

Übersetzung von Michal Talma-Sutt.